Die Kreisstraßen, das Geld und der Naturschutz  20.07.2010

                             Eingezogene K17 Mehren-Darscheid

Sechs im Landkreis Vulkaneifel anerkannte Naturschutzverbände wenden sich gegen eine Reduzierung der aktuellen Kreisstraßendiskussion auf die bloße Kostenfrage. Sie machen auch Front gegen eine ganzseitige Anzeige der größten im Dauner Kreistag vertretenen Fraktion in den Mitteilungsblättern der Verbandsgemeinden im Landkreis, in der durch eine einseitige und unvollständige Darstellung versucht wird, das Thema für eine parteipolitische Imagepflege auszuschlachten.

 

Die Initiative der Naturschutzverbände

In Gesprächen mit allen im Kreistag vertretenen politischen Gruppierungen hatten der Bund für Umwelt und Naturschutz Deutschland (BUND), die Eifelverein Ortsgruppe Daun, der Landesjagdverband (LJV), der Naturschutzbund Deutschland (NABU), der Rheinische Verein für Denkmalpflege und Landschaftsschutz – Regionalverband Eifel (RVDL/LAG) sowie die Schutzgemeinschaft Deutscher Wald (SDW) Vorschläge für eine Einziehung solcher Kreisstraßen unterbreitet, die einen besonders großen Zerschneidungseffekt haben und sich daher auch besonders negativ auf die Tierwelt auswirken. Auf die Behandlung des Themas in der jüngsten Kreistagssitzung reagierte nun die größte im Kreistag vertretene Fraktion mit der Behauptung, eine im Kreistag als Folge der Einziehung von Kreisstraßen dargelegte Entlastung des Kreishaushaltes sei nicht erkennbar. Stattdessen gingen dem Kreis sogar allgemeine Finanzzuweisungen für die Kreisstraßen verloren. Die Kreistagsfraktion forderte daher ein Ende von Einziehungen von Kreisstraßen. Naturschutzargumente spielten in der Anzeige überhaupt keine Rolle.

 

Vorgaben durch das Landesstraßengesetz

Den gesetzlichen Rahmen für die Einziehung von Kreisstraßen gibt das Landesstraßengesetz (LStrG) vor. Es steht daher nicht einfach im Belieben der Verwaltung oder des Kreistages, Kreisstraßen einzuziehen bzw. nicht einzuziehen. Die Vorgaben des LStrG für den Straßenbaulastträger (hier: Landkreis) sind eindeutig: „Besteht für eine Straße kein öffentliches Verkehrsbedürfnis mehr oder liegen überwiegende Gründe des Gemeinwohls vor, so ist die Straße … einzuziehen“ (LStrG § 37).

 

Geringes Verkehrsaufkommen

Bei verschiedenen Kreisstraßen liegt das Verkehrsaufkommen derart weit unter dem Kreisstraßendurchschnitt, dass nach Ansicht der Naturschutzverbände ein generelles öffentliches Verkehrsbedürfnis insgesamt zu verneinen ist. Kreisstraßen wie die K77 zwischen Salm und Birresborn mit 126 Fahrzeugen/Tag oder die K89 zwischen Welcherath und Meuspath mit nur 100 Fahrzeugen/Tag wären alleine schon deswegen einzuziehen.

 

Gesetzliche Vorgaben beachtet

Bei ihren Einziehungsvorschlägen haben die Naturschutzverbände die Vorgaben des LStrG hinsichtlich der Anbindung von Ortsgemeinden an das allgemeine Straßennetz berücksichtigt. Auch nach einer Einziehung sind die betroffenen Ortsgemeinden noch mehrfach an das allgemeine Straßennetz angebunden. Zudem stehen zumutbare Alternativen für die eingezogenen Straßen zur Verfügung. Und nach einer Einziehung können die betreffenden Kreisstraßen weiterhin als Wirtschaftswege vom landwirtschaftlichen und forstwirtschaftlichen Verkehr sowie als Rad- und Wanderwege genutzt werden. Von der in besagterAnzeige behaupteten Zerstörung der Infrastruktur kann daher überhaupt nicht die Rede sein.

 

Trotz Zuwendungen dickes Kreisstraßenminus

Es ist zwar richtig, dass dem Kreishaushalt mit jedem km eingezogener Kreisstraße Finanzzuweisungen des Landes verloren gehen Aber das ist eben nur die halbe Wahrheit, denn Kreisstraßen bringen nicht nur Geld, sie kosten vor allem Geld. Ein Blick in den Haushaltsplan 2010 zeigt, wie es um das Verhältnis von Einnahmen zu Ausgaben tatsächlich bestellt ist. Laut Haushaltsplan 2010 beläuft sich der Gesamtbetrag der Erträge (also incl. der allgemeinen Finanzzuweisungen des Landes) für die Unterhaltung der Kreisstraßen auf 6.210.000 €. Dem stehen jedoch Aufwendungen von insgesamt 7.642.960 € gegenüber. Somit werden selbst unter Berücksichtigung der Landeszuweisungen dem Landkreis Vulkaneifel seine Straßen allein im Jahr 2010 ein dickes Minus von über 1,4 Millionen Euro einbringen!

 

Erholung und Naturschutz als Allgemeinwohl

Obwohl alle Parteien auf die Natur unseres Landkreises so stolz sind, spielten Naturschutzaspekte in der Anzeige der Fraktion überhaupt keine Rolle. Aber auch in unserem Landkreis bedarf die Natur in manchen Bereichen der Verbesserung. Hierzu zählt die Verbesserung der Lebensbedingungen von Tieren durch die Aufgabe von Straßen mit besonders negativen Auswirkungen. Auf die von den Verbänden zur Einziehung vorgeschlagenen Straßen trifft dies zu. Allen voran auf die K77. Sie durchschneidet das NSG „Remmelbachtal und Braunebachtal“. Auch das größte zusammenhängende Waldgebiet des Landkreises, der Salmwald, wird von ihr durchschnitten und damit auch eine der Kernzonen des gerade etablierten Naturparks Vulkaneifel. Eine für 2011/2012 geplante Investition für die K77 in einer Gesamthöhe von 850.000 € (Landes- und Kreisanteil) würde dieser Festlegung vollkommen zuwiderlaufen. Vielmehr ist für die Erfüllung des für die Naturpark-Kernzone ausgewiesenen Schutzzwecks „Erholung in der Stille“ die Einziehung der K77 von erheblicher Bedeutung.

 

Appell an Kreistag

Sowohl eine Realisierung der Naturparkbestimmung „Erholung in der Stille“ als auch eine Verbesserung der Existenzbedingungen für die Tierwelt erfüllen nach Ansicht der Naturschutzverbände das Einziehungskriterium der überwiegenden Gründe des Allgemeinwohls lt. LStrG. Es wäre erfreulich, wenn das eine dem Gemeinwohl verpflichtete Mehrheit im Kreistag auch so sehen würde.

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